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Regionaler Gewerbeschwerpunkt

Der Verband Region Stuttgart sucht Flächen für ein Gewerbe- und Logistikgebiet. Warum wir uns gegen den „Regionalen Gewerbeschwerpunkt“ auf Schwieberdinger Gemarkung aussprechen?

1. Kein weiterer Flächenverbrauch: Erhalten, was uns erhält

destensWir wollen ein lebenswertes Schwieberdingen mit guter Luft, sauberem Wasser und gesunden Böden – auch für kommende Generationen! Schon vor über zehn Jahren formulierte Günther Oettinger den „Netto-Null-Flächenverbrauch“ als Ziel. Davon sind wir weit entfernt! Mit dem neuen Gewerbegebiet würden mindestens 23 Hektar Ackerböden versiegelt.

Eine lebenswerte Gemeinde oder eine Industriestadt?
Hilft mehr Verkehr?

Auf der Schwieberdinger Gemarkung sind aktuell 36,5% der Fläche bebaut. Das ist bereits viel, denn im Landkreis Ludwigsburg liegt die durchschnittlich bebaute Fläche bei 24,5%. Rechnet man die Deponiefläche mit 42 ha als „Industriefläche“ hinzu, sind es schon über 40%.

Gemeindefläche Schwieberdingen:         1487 ha
davon bebaut:                                             543 ha (36,5 %)
mit bereits genehmigten Flächen         565 ha (38,0 %)
17 ha für Bosch + 5 ha für Mittelstand

mit interkommunalem Gewerbegebiet     588 ha (39,5 % )
(mit Deponie Froschgraben: 42,4 %)

Zum Vergleich:
Bebaute Fläche im ganzen Kreis LB:         24,8 %

Durch die Ansiedlung von weiteren großflächigen Logistikfirmen, Industrie- und Gewerbeanlagen sowie der damit erforderlichen Erweiterung von Wohnflächen und Infrastruktur werden somit innerhalb zweier Generationen 50% der Fläche Schwieberdinges bebaut sein. Allein der 4-spurige Ausbau der B10 bedeutet die Versiegelung von weiteren 60 Hektar besten Ackerlandes des Strohgäus.

Eine Gemeinde wandelt sich:
Vom Dorf zur Industriestadt (oben Schwieberdingen, unten Sachsenheim)

In der Region an der A81 ist der Bedarf von Logistik-Immobilien groß. Was also wenn der der regionale Gewerbeschwerpunkt fertig gestellt ist und die Porsche AG keinen Bedarf mehr hat? Oder von Anfang an nur als "Türöffner" von Zulieferern oder Logistikern aufgetreten ist? 

Die Gemeinde verspricht: Es wird keine weiteren Speditionen geben. Aber was genau sind Speditionen? Sind Lagerhäuser, Hochregallager, Warendienstleistungszentren (wie Breuninger in Aichwald) und Onlineversand kein Speditionsgewerbe und für die Gemeinde akzeptabel?


2. Lebenswichtig für alle: Landwirtschaft und Lebensmittel - Fruchtbarste Böden schützen statt asphaltieren

Seit über 1.000 Jahren gibt es Ackerbau im Strohgäu. Denn die Böden in Schwieberdingen gehören (mit 94 von 100 Bodenpunkten) zu den frucht­barsten Böden in ganz Deutschland, selbst besser als die Fildern.

Wir alle wünschen uns Lebensmittel aus der Region. Sollen wir unsere Lebensmittel künftig vermehrt aus dem Ausland importieren, weil wir unsere Ackerböden alle zugebaut haben?

Wollen wir Landwirtschaft im Strohgäu?

Die „Gäuflächen“ im Korn- und Strohgäu sind tiefgründige Lösslehmböden und zählen zu den besten des Landes. Der hohe Anteil an pflanzenverfügbarem Bodenwasser bei ausreichender Durchlüftung, gute Nährstoffversorgung und -verfügbarkeit sowie eine gute Durchwurzelbarkeit führen zu einem hohen Ertragspotential. In Verbindung mit dem günstigen Klima, einem flachen Relief und der guten Bearbeitbarkeit sind diese Standorte mit die besten und ertragreichsten Ackerflächen sowohl im Baden-Württemberg als auch in ganz Deutschland. In der Umgebung von Stuttgart, z.B. auf dem Schmidener Feld und auf dem Langen Feld ist eine besondere Varietät dieser Böden anzutreffen. Im Unterboden sind deutliche Humusanreicherungen zu erkennen (Humose Parabraunerde und Tschernosem Parabraunerde). Sie belegen, dass die Böden in der Vergangenheit eine Schwarzerdebildung durchschritten haben. Die sehr guten Bodeneigenschaften und Ertragspotentiale erhalten hier noch mal eine Steigerun g  .

Die Bodenbewertung reicht von „sehr geringer Schutzwürdigkeit“ über „geringe Schutzwürdigkeit“, „Böden mit lokaler Bedeutung (schutzwürdig)“, „Böden mit regionaler Bedeutung (hohe Schutzwürdigkeit)“ bis hin zu „Böden mit überregionaler Bedeutung (sehr hohe Schutzwürdigkeit)“. (Quelle: Umweltbericht zur Änderung des Regionalplanes 1.4.2015)

Im geplanten Gebiet des interkommunalen Gewerbeschwerpunktes liegt eine sehr hohe Schutzwürdigkeit vor!

Ob auf den Äckern im Gebiet des möglichen interkommunalen Gewerbeschwerpunktes Mais für Biogas-Anlagen und damit die Erzeugung von regenerative Energien zur Reduzierung von Treibhausgasemission und der Erreichung der nationalen Klimaschutzziele angebaut wird, oder ob Futtermittel oder Lebensmittel angebaut werden, diese Böden sind aufgrund ihrer überregionalen Bedeutung für nachfolgende Generationen zu erhalten!

Es ist relativ problemlos und kurzfristig möglich, Maisanbau für Biogas in Getreideanbau für Ernährung umzuwandeln, was aufgrund des Krieges in der Ukraine vielleicht sogar notwendig werden kann.

Es ist aber ausgeschlossen, Gewerbegebiete wieder in Ackerflächen rückzuverwandeln. Daher geht die Argumentation fehl, Biogas und Lebensmittel gegeneinander zu stellen. Auch bei Biogasnutzung werden im Gegensatz zu einer Versiegelung im Rahmen eines Gewerbegebietes die grundlegenden Bodenfunktionen erhalten .

Aktuell wird dort Landwirtschaft in klassischer Dreifelderwirtschaft betrieben.

Es werden Weizen, Gerste, Klee, Zuckerrüben, Kartoffeln angebaut, also Futter- und Lebensmittel. Ein Milchviehbetrieb hat 15% seiner Produktionsfläche (Futtermittelerzeugung) in diesem Gebiet (Stand 2020).

Hier werden also Lebensmittel und Futtermittel erzeugt, die wir tagtäglich für unsere Ernährung benötigen. Die nachfolgende Tabelle zeigt, dass wir in Baden-Württemberg bei allen Lebensmitteln eine Unterversorgung haben.

Quelle

Gute tiefgründige Böden, wie sie hier vorliegen, sind somit insbesondere hinsichtlich des Klimawandels zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung unverzichtbar.


Doch durch einen ungebremsten Flächenverbrauch sind inzwischen nur noch Restflächen dieser Ackerböden erhalten, mit gravierenden Folgen für die Umwelt.


So steht im Umweltbericht zur Änderung des Regionalplanes vom 1.4.2015:

Die Versiegelung von Flächen bewirkt einen vollständigen Verlust der Bodenfunktionen wie Filter und Puffer für Schadstoffe, Wasserrückhaltung und Standort für Vegetation. Damit in engem Zusammenhang steht der Verlust von Grundwasserneubildungs- und Versickerungsflächen . Durch vermehrten Oberflächenabfluss kommt es bei Starkregenereignissen zu einer Überlastung von Vorflutern und Kläranlagen, die Gefahr von Überflutungen erhöht sich. Versiegelung bedeutet aber auch einen Verlust an Lebensräumen für heimische Tier- und Pflanzenarten mit entsprechenden Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Nicht zuletzt führt eine flächenhafte Versiegelung durch die daraus resultierende verstärkte Aufheizung und verzögerte Abkühlung zur Erhöhung siedlungsklimatischer Belastungen .“

Landwirtschaft erzeugt unsere Nahrung und Arbeitsplätze?

Jeder 9. Arbeitsplatz steht mit dem Agribusiness in Verbindung. Angefangen bei der Urproduktion wie Pflanzenzucht und Saatguterzeugung über modernste Landmaschinen- und Stalltechnik und die Entwicklung neuer innovativer Agrartechnik, die z.B. auch bei der Firma Bosch entwickelt wird, bis hin zur Veredelung und Vermarktung im Handwerk und der Industrie.

Quelle

Landwirte fragen viele Betriebsmittel, Investitionsgüter und Dienstleistungen nach. Es sind vor allem kleinere und mittlere Betriebe aus Handel, Handwerk und Gewerbe, die wirtschaftlich stark mit der Landwirtschaft verbunden sind. Viele Höfe nutzen darüber hinaus eine breite Palette von Dienstleistungen. Diese reichen von der Beratung in betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und produktionstechnischen Fragen, über Wartungsarbeiten bis hin zur Tiergesundheit und Qualitätsüberwachung. Damit sind Bauern wichtige Nachfrager im industriell-gewerblichen sowie im Dienstleistungsbereich und sichern dort Tausende von Arbeitsplätzen.


Im Thesenpapier der Deutschen Gesellschaft für Landwirtschaft 2017 heißt es:
Die Agrar- und Ernährungsbranche ist ein starkes Segment der Gesamtwirtschaft. Ohne eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die in einen vitalen ländlichen Raum eingebunden ist und die eine lokal produzierte Rohstoffbasis sicherstellt, wandert die Ernährungswirtschaft aus Deutschland ab.

Quelle

Wollen wir in Zukunft also unsere Lebensmittel vermehrt im Ausland produzieren und zu uns transportieren, weil wir der Landwirtschaft vor Ort ungebremst die Produktionsgrundlage entziehen? Ist das ökologisch sinnvoll?

3. Klimaschutz: Global denken, lokal handeln

Bei den EU- und den Kommunalwahlen wurde deutlich, dass eine Mehrheit der Menschen ein deutliches Umdenken der Politik und der Art unseres Wirtschaftens zugunsten von mehr Klima- und Naturschutz will. Wir wollen das Strohgäu, seinen Charakter, seine Identität und seine Lebensqualität erhalten. Kein Wachstum um jeden Preis.

Wir alle wissen: Klimaschutz ist eine der drängendsten Fragen unserer Zeit. In Deutschland und auch in Baden-Württemberg erreichen wir derzeit unsere Klimaschutzziele nicht. Hauptgrund hierfür ist der Straßenverkehr. Wir benötigen daher eine ganz andere Verkehrspolitik als bisher: Das geplante Gewerbegebiet würde zu einer sehr starken Zunahme des LKW- und PKW-Verkehrs führen. Der Ausbau der B10 würde noch mehr Verkehr aus anderen Regionen nach sich ziehen. Das ist nicht zukunftsfähig.

Städte verstopfen, Dörfer veröden? Ist das klug?

Mit einer Bevölkerungsdichte von 749 Einwohner je Quadratkilometer liegt die Region Stuttgart deutlich über dem baden-württembergischen Wert von 305 Einwohnern je Quadratkilometer und auch über dem Wert anderer Ballungsräume, wie z. B. München mit 509 Einwohnern je Quadratkilometer.

(Stand 2015). (Regionalentwicklungsbericht, 2016)

Im Spiegel eine Kolumne von Henrik Müller, 23.6.2019


Es gebe ein "Spannungsverhältnis zwischen boomenden Metropolregionen und ländlich-peripheren Regionen", konstatiert eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) . Jüngere Leute zwischen 18 und 30 Jahren, so zeigen die Zahlen, ziehen vom Land in die Großstädte. Dazu kommen Zuwanderer aus dem Ausland, vor allem aus dem übrigen Europa. Aus den Innenstädten wiederum ziehen Leute ins direkte Umland der Metropolen; die Suburbanisierung setzt sich fort, lange Pendelwege inklusive. Das "sonstige Bundesgebiet" hingegen verliert, so die BBSR-Studie. Und diese Trends haben sich seit Mitte der Nullerjahre beschleunigt.


So ist die Lage: Die Großstädte wachsen immer weiter, kleinere Städte und ländliche Regionen verlieren Bevölkerung, und zwar teilweise dramatisch. Dass unter diesen Bedingungen Wohnraum in den Metropolen knapp - und teuer - ist, und es zugleich Gegenden gibt, wo Immobilien quasi wertlos sind, sollte niemanden verwundern.


Eine ähnliche demografische Implosion droht in den kommenden Jahrzehnten dünner besiedelter Gegenden Westdeutschlands. Bereits heute ist auf dem Land und in kleineren Städten eine problematische Dynamik im Gange. Unternehmen suchen händeringend Mitarbeiter. Kleinere Betriebe in Industrie und Handwerk schrumpfen trotz guter Auftragslage - weil sie keine Leute finden. Wo aber die Beschäftigungsmöglichkeiten beschränkt sind, sehen sich auch Leute zum Gehen veranlasst, die eigentlich gern bleiben würden. Die Abwärtsspirale beschleunigt sich.


Quelle

4. Mehr LKWs: Mehr Lärm, mehr Schadstoffbelastung

Die Ausweisung eines großflächigen Produktions- und/oder Logistikstandortes führt zu mindestens 35 LKWs pro Stunde zusätzlich. Mehr Güter- bzw. mehr Lieferverkehr bedeuten auch mehr Lärm und mehr Luftverschmutzung für Schwieberdingen und die umliegenden Kommunen. Transportintensives Gewerbe gehört an Standorte mit Gleisanschluss. Der Schiene gehört die Zukunft!

Nur so können die Güter auch über die Schiene transportiert und die gesetzten Klimaziele erreicht werden. Ein Anschluss an die nahegelegene ICE-Bahnstrecke zum Gütertransport oder als S-Bahn-Strecke wird jedoch definitiv ausgeschlossen!!


Ein LKW stößt pro Tonne und Kilometer 5x mehr schädliche Treibhausgase aus als ein Frachtzug. Außerdem ist der Transport auf der Schiene 40x sicherer als auf der Straße.


Das zu erwartende höhere Verkehrsaufkommen von PKWs und Schwerlastverkehr soll im Strohgäu durch den 4-spurigen autobahnähnlichen Ausbau der B10 bewältigt werden. Es soll eine großräumige Verkehrsachse zwischen der A 81 im Osten und der A 8 im Westen entstehen. Maßgebend für den Ausbau der B10 sind die Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA, 2008). Es gilt jedoch zu bedenken: auf Schwieberdinger Gemarkung unterschreiten alle Anschlussstellen den geforderten Mindeststandard nach RAA, so dass der Wegfall von Anschlussstellen auf Grundlage des oben genannten Anschlussstellenkonzeptes diskutiert werden muss!

Im Untersuchungsraum sind insbesondere südöstlich der A 81 kaum noch größere, zusammenhängende ruhige Bereiche ohne Verkehrslärm zu finden. Westlich der Autobahn und im nordöstlichen Teil des Untersuchungsgebietes sind weniger verlärmte Räume noch verbreiteter.  Die Hauptbelastungszonen erstrecken sich entlang des übergeordneten Verkehrsnetzes.“


(…) Letztlich kommt es auf den LKW Verkehr an, der aus dem Gewerbe entsteht und darauf hat die Gemeinde keinen Einfluss!

Der weitere Ausbau von Straßen zieht weiteren Verkehr an und bislang weniger verlärmte Räume werden zunehmend verlärmt, wie dies bereits im südöstlichen Bereich der A81 der Fall ist.

Erhöhte Luftbelastungen sind in Schwieberdingen im bestehenden Gewerbegebiet im Bereich der Logistikunternehmen, entlang der B10 und im äußeren Bereich der Hülbe vorhanden. Der weitere Ausbau von Straßen wird weiteren Verkehr bringen und die Luftbelastungen werden zunehmen.

5. Verkehrsbelastung: Keine autobahnähnliche B10

Mit dem Gewerbeschwerpunkt würde der Druck auf einen 4-spurigen Ausbau der B10 massiv wachsen! Wir möchten nicht an einer autobahnähnlichen Straße wohnen. Sollte dann noch die Anschlussstelle Schwieberdingen-Ost (Lidl) wegfallen, müsste der gesamte Verkehr einschließlich der Buslinien über die Anschlussstelle Schwieberdingen-Mitte abgewickelt werden. Unsere Gemeinde hat bereits heute einen Einpendler-Überschuss von ca. 3.000 Arbeitskräften.

Wie viele Arbeitsplätze brauchen wir?

Die Region Stuttgart weist bundesweit mit die niedrigsten Arbeitslosenraten auf, was den Raum weiterhin für Zuwanderung von außen besonders attraktiv macht.“ (Regionalentwicklungsbericht, 2016). Die Arbeitslosenquote im Landkreis Ludwigsburg liegt bei 2,9% (LKZ, Okt. 2018). Es herrscht Vollbeschäftigung.


Die Gemeinde Schwieberdingen bietet bei ca. 11.000 Einwohnern etwa 7740 Arbeitsplätze. Schon im Jahr 2015 pendelten aus der ganzen Region täglich rund 7.000 Menschen zum Arbeiten nach Schwieberdingen. 4.700 Schwieberdinger arbeiten außerhalb des Orts.


Zurzeit beschäftigt Bosch in Schwieberdingen 6500 Personen. Es gibt knapp 1500 Stellen mehr als noch im Jahr 2014. (Siehe Stuttgarter Zeitung, 8.10.2018: Entwicklungszentrum in Schwieberdingen Bosch investiert kräftig in den Standort: 27 Millionen Euro in diesem Jahr, 50 Millionen im kommenden: Der Technikriese Bosch nimmt an seinem Entwicklungszentrum viel Geld in die Hand.)


Auf den Straßen bilden sich schon heute regelmäßig Staus. Im ganzen Landkreis Ludwigsburg hat Schwieberdingen den höchsten Einpendler-Überschuss mit 20,8%! Muss Schwieberdingen also wirklich weitere Arbeitsplätze für die Region zur Verfügung stellen?

6. Wirtschaftspolitik: Zukunftsorientiert, ökologisch, ausgewogen

Wir stehen der gewerblichen Weiterentwicklung unserer Gemeinde aufgeschlossen gegenüber. Allerdings: Wollen wir bei neuen Arbeitsplätzen wirklich wieder auf den Automotiv-Sektor setzen? Schwieberdingen und seine Bürger/innen würden damit noch abhängiger von der Automobilindustrie. Nachhaltiges Wirtschaften sieht anders aus!

Die Automobilbranche steht angesichts der Trends von CO2-Zielen, Elektromobilität, autonomem Fahren und Mobilitätsdienstleistungen vor den größten Umbrüchen ihrer Geschichte. Nicht immer wird es uns wirtschaftlich so gut gehen wie heute. Für die Zukunft benötigen wir in Schwieberdingen keine anfällige „Monokultur“ (neben Bosch auch noch Porsche), sondern einen Mix und eine möglichst hohe Vielfalt an Betrieben verschiedener Wirtschaftszweige und aus dem Klein- und Mittelgewerbe.


Wir befürworten daher die Risikominimierung durch mehrere mittelständische Unternehmen in den bereits beschlossenen kommunalen Gewerbeflächen (5 Hektar):

 

  • Streuung des Risikos auf unterschiedliche Branchen
  • zwar kleinere Unternehmen, aber dafür welche, die i.d.R. ihre Steuern auch in Schwieberdingen bezahlen
  • i.d.R. geringerer Flächenbedarf
  • mehr Beschäftigte pro Fläche
  • Steuern müssen nicht mit umliegenden Gemeinden geteilt werden

 

Hinzu kommt, dass die Zahl der in Aussicht gestellten Arbeitsplätze im neuen „Regionalen Gewerbeschwerpunkt“ verhältnismäßig gering ist: ca. 5-6 Personen kommen auf eine Fläche, die einem Fußballfeld entspricht. Nur ein kleiner Teil dieser Arbeitskräfte würde tatsächlich einen langfristigen Tarifvertag bei Porsche erhalten.


Man muss sich schon die Frage stellen warum den Bürgern Porsche als gutes Unternehmen für Schwieberdingen präsentiert wird?


Die Gemeinde Schwieberdingen schreibt auf ihrer Homepage, dass eine konkrete Anfrage der Porsche AG zum Aufbau eines Porsche Industrie-Quartiers vorliegt. Inzwischen glauben jedoch selbst viele Schwieberdinger Gemeinderäte/innen nicht mehr daran, dass das Gewerbegebiet noch schnell genug für Porsche umgesetzt werden könnte. Selbst wenn Porsche nach Schwieberdingen käme, was auch nach einem Bürgerentscheid sehr fraglich bliebe, entstehen hier im Verhältnis zum Flächenverbrauch extrem wenige Arbeitsplätze!


Siehe LKZ, 30. April 2019
Studie: Familienfirmen schaffen mehr Jobs als Dax-Konzerne

7. Kosten unsicher, Nutzen unsicher: Gewerbesteuer als goldenes Kalb?

Ein Hauptargument der Befürworter/innen des geplanten interkommunalen Gewerbegebietes sind angebliche zusätzliche Gewerbesteuer-Einnahmen. Es verbleiben jedoch kaum Steuereinnahmen in Schwieberdingen, wenn sich die Firmensitze andernorts befinden, wie dies z.B. bei der Firma Porsche der Fall ist.

Porsche gehört seit August 2012 zum Volkswagen-Konzern. Als negative Bespiele, wie sich die Einnahmen für die Gemeinden entwickeln, dienen daher sowohl Hemmingen als auch Weissach. In Hemmingen ist die Porsche-Gewerbesteuer seit 2013 um 80% gesunken und liegt nun in etwa bei einem mittleren sechsstelligen Betrag und auch in Weissach sind die Einnahmen eingebrochen.


 

 

Die Gemeinde Schwieberdingen erhofft sich also Einnahmen durch das Gewerbegebiet, die sie sich mit anderen Kommunen teilen muss und noch nicht beziffern kann. Die Gewerbesteuereinnahmen eines Interkommunalen Gewerbegebiets werden aufgeteilt:

 

  • Kreisumlage
  • Teilnehmende Gemeinden

 


Wir finden: Ohne nachvollziehbare Kosten-Nutzen-Rechnung müssen die Bürger/innen die weitere Planung d es Gewerbegebiets durch ein "NEIN" beim Bürgerentscheid stoppen und die Gemeindeverwaltung erst ihre Hausaufgaben machen lassen. Im Übrigen bezieht Schwieberdingen trotz Bosch mit über 6.500 Mitarbeiter/innen mehr Einnahmen durch die Einkommenssteuer als durch die Gewerbesteuer!

Gewerbe- und Einkommenssteuer in Schwieberdingen:

Einkommenssteuer (Planung f. 2019) 8,7 Mio €

Gewerbesteuer (Mittelwert 2015-2018): 6,8 Mio €

Den erhofften Einnahmen gegenüber stehen Erschließungskosten und Investitionen in ungewisser Höhe. Auch der finanzielle Gegenwert für die entstehenden Beeinträchtigungen sowie die Zerstörung von Acker, Natur und Freizeitwert ist völlig ungewiss. Nicht jeder Wert ist materiell. Würden Sie sich im Privaten für ein Projekt entscheiden, wenn Sie nicht die Kosten und Einnahmen kennen?


Weiterführende Informationen:

 

 

8. Bürgerentscheid ohne Bürgerbeteiligung

Der Bürgerentscheid, wie er in Schwieberdingen abgehalten wurde, entsprach nicht den Mindest­anforderungen an  Bürgerbeteiligung., wie auch die Universität Hohenheim festgestellt hat. Die baden-württembergische Stabsstelle für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung empfiehlt  „Dialoge, die die ganze Vielfalt einer absehbaren  Entscheidung aufnehmen“. Das gab es bei uns leider nicht.

„Informationsveranstaltungen ersetzen keine  Bürgerbeteiligung. Sie sind viel mehr ihre Voraussetzung!“ 

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